Der gelernte Zahntechniker hat dem werdenbergischen Gams einen hohen Stellenwert in der internationalen Gitarrenwelt beschert.
Mit Geld für zwei Wochen kam der Exil-Zürcher durch eine Bekannte, die er auf dem zürcherischen Sternenberg kennen gelernt hatte, ins Werdenberg, von dem er vormals nie etwas gehört hatte. «Als Zürcher kennt man von der Ostschweiz St.Gallen und Sargans, Liechtenstein als weissen Fleck auf der Landkarte, vom Werdenberg hatte ich bis dahin noch nie etwas gehört.»
Nun wohnt er schon mehr als 34 Jahre hier, hat sich dieses Jahr den Traum vom amerikanischen Haus mit grosser Veranda erfüllt, fährt einen «Ami-Schlitten» und ist Hofreparateur fast aller amerikanischen Gitarrenproduzenten. «Es muss alles zusammen stimmen. Der Kunde muss sich wohl fühlen. Er kauft dort, wo Instrument und Verkaufsräumlichkeit zusammenpassen.»
Corporate Identity nennt Winkler das, zu dem er auch selbst dazugehört. Mit Gel frisiert er sich jeden Tag seine Ernsthaftigkeit aus dem Gesicht. Mit seiner Hilfe wirbelt sein Schnauz fröhlich nach oben. Er sehe so weniger ernst aus, hat man ihm gesagt. Der Gitarrenliebhaber aus Gams ist international bekannt. Kunden aus Frankreich oder Deutschland, bei deren akustischen Gitarren Garantiereparaturen oder Servicearbeiten anstehen, kommen zu Winkler. Wenn sie nämlich wegen ihrer Gitarre in die USA telefonieren, dann heisst es dort, die nächste europäische Reparaturwerkstätte sei in Gams.
Und so gewinnt das Werdenberg an Popularität. «Da wäre noch einiges zu machen», sinniert Winkler, dem das Werdenberg ans Herz gewachsen ist. Wenn er mit Kunden aus Übersee ins Toggenburg fährt, dann sind Freudenrufe »das ist besser als Heidi» keine Seltenheit. Kühe auf den Wiesen, Milchtansen, die mit dem Mofa in die Zentrale gefahren werden, weite Felder und hohe Berge, das macht Eindruck. Der Exil-Zürcher weiss, was er an Lebensqualität dazugewonnen hat.
Winkler, in Horgen und Oberrieden am Zürichsee aufgewachsen, stiftete vier Jahre lang in einem der modernsten Zahnlabors der Schweiz, in Zürich. Daneben machte er immer Musik. Seit der vierten Klasse spielt er Gitarre. Nach seiner Ausbildung lockte ihn das Konservatorium, weshalb Winkler seine Übungsphasen intensivierte, übte und übte – und die Aufnahmeprüfung doch nicht schaffte.
Nach einem einjährigen sozialdiakonischen Einsatz kaufte er sich einen irischen Wolfshund namens Al Capone und machte sich auf ins Werdenberg, um dort ein sehr einfaches Haus in der Oberen Rüti, auf Höhe des Grabser Steinbruchs, zu bewohnen. Als gläubiger Christ sei er gleich am ersten Sonntag in die Kirche gegangen, und am Mittwoch darauf habe er einen Job auf dem Bau gehabt, berichtet er. Ohne Wasser und Strom, mit 100 Franken Miete, hauste er bescheiden, war aber zufrieden. Dann bekam Winkler eine Anstellung bei «Musik Peter», wo er Instrumente verkaufte und auch reparierte. Dies bis 1988, bis er sich selbstständig machte.
Zuerst wollte der Exil-Zürcher Schwyzerörgeli bauen und reparieren. Er kaufte dafür im Bernbiet eigens eine Werkstatt. «Es war schwierig, in diesen Markt reinzukommen, und da ich selbst Gitarre spielte, fragten mich die Leute immer öfters, ob ich ihnen die Gitarre repariere.» Das tat der Autodidakt in einem Bauernhaus in der Breite in Gams. Eine tolle Atmosphäre war das, im Winter etwas kalt zwar, aber Winkler verstand es, Ambiance reinzubringen.
Er hatte ein Verkaufslager, das weit und breit einzigartig war, akustische Gitarren mit Nylon- und Stahlsaiten, auch elektrische Gitarren und Verstärker, kurzum alles, was ein Fanherz begehrt.
Seit April hat das alte Bauernhaus ausgedient. Die Winklers sind ins neue Haus in der Karmaad in Gams gezogen. «Diesen Traum konnte ich mir nur hier verwirklichen. Die Ortsgemeinde ist mir entgegengekommen, der Hausbauer ebenso.» Winkler, der weiss, dass er wegen seines Dialektes immer ein Zürcher bleiben wird, fühlt sich wohl und akzeptiert in seiner neuen Heimat.
Montags und Dienstags fährt er regelmässig nach Bülach zum grössten Gitarrenimporteur der Schweiz, macht dort Servicearbeiten und Reparaturen, erhält Einblick in den Grosshandel mit Amerika. Er kennt die Szene bestens, besser als jeder Fan, der sich im Internet um Detailinformationen bemüht hat. «Das ist gut fürs Image.» Mit 10 Prozent Marktanteil ist der bescheidene «Gamser» einer der Grössten der Schweiz, wenn es um edle Gitarren geht.
Winkler hat in aller Bescheidenheit eine Art Gitarrenimperium aufgebaut.
«Viele Kontakte, die ich hier habe, verdanke ich der Kirche, viele der Musik.»
Mit beidem hat Winkler im Werdenberg gute Erfahrungen gemacht.